Die Rolle und Bedeutung des Lehrers im FrontalunterrichtEin wissenschaftlicherPraktikumsbericht
Erika Nahlovsky
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Was ist Frontalunterricht?
2. Frontalunterricht gestern und heute
2.1. Der traditionelle Frontalunterricht
2.3. Der modernisierte Frontalunterricht
3. Methoden im Frontalunterricht
4. Funktion des Frontalunterrichts
5. Struktur des Frontalunterrichts
6. Die Rolle der Lehrperson
6.1. Die Funktion des Lehrberufs
6.2. Die Rolle der Lehrkraft im Frontalunterricht
7. Interaktion im Frontalunterricht
7.1. Interaktion von Lehrpersonen und Schülern im Frontalunterricht
7.1.1. Interaktion in der sechsten Klasse
7.1.2. Interaktion in der siebten Klasse
7.1.3. Interaktion in der neunten Klasse7.1.4. Interaktion in den Grundkursen der Stufe Dreizehn
8. Die Bewegung der Lehrperson im Raum8.1. Die Bewegungsmuster im Frontalunterricht
Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Dieser Bericht stützt sich auf ein zweiwöchiges Tagespraktikum in der
Heinrich-Böll-Gesamtschule der Stadt Dortmund, Volksgartenstr. 19-23, 44388
Dortmund. Die Referentin begleitete zwei Lehrkräfte bei ihrem
Fachunterricht. In der Sekundarstufe I nahm die Referentin am Unterricht
der Fächer Englisch und Deutsch der Klassen sechs, sieben und neun teil. In
der Sekundarstufe II nahm die Referentin am Unterricht der Grundkurse Kunst
und Englisch in der Stufe Dreizehn teil. Die vorherrschende Unterrichtsform
sowohl in der Unterstufe als auch in der gymnasialen Oberstufe war der
Frontalunterricht.Die Intention dieses Berichts ist es die Rolle der Lehrperson im
Frontalunterricht anhand der Unterrichtsbeobachtungen der Referentin in der
Gesamtschule zu untersuchen und diese Erfahrungen im Rahmen einer
Hausarbeit zu überprüfen.Da die Kommentare der Referentin an manchen Stellen dem wissenschaftlichen
Text vorausgehen oder sich ihm anschließen, sind sie zur besseren
Abgrenzung in einer anderen Schriftart gehalten:
Der Fremdsprachenunterricht der sechsten und siebten Klasse folgte dem
Schulbuch. Im Deutschunterricht wurden in der siebten und neunten Klasse
themenbe-gleitende Lektüren gelesen.
Was ist Frontalunterricht?
Der Frontalunterricht ist eine Unterrichtsmethodik. Er wird zu den vier
Sozialformen Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Frontalunterricht
gezählt (vgl. Nuhn 2000: 7). Der Frontalunterricht ist eine
Unterrichtsform, bei der alle Schüler im Klassenverband gemeinsam
unterrichtet werden, er ,,bringt alle auf denselben Informationsstand und
… ,ist unverzichtbar für eine vergleichende mündliche
Leistungsbeurteilung′“ (Nuhn 2000: 10). Die Aufmerksamkeit der Schüler und
das Unterrichtsgeschehen richten sich hauptsächlich auf die Lehrkraft, die
von vorne – frontal – unterrichtet.
Frontalunterricht gestern und heute
Die Unterrichtsform Frontalunterricht war bereits der Antike bekannt und
ist in ihrer grundlegendsten Form bis heute gleichgeblieben. Von der Antike
bis ins 19. Jahrhundert war die wichtigste Erziehungsmethode das Vormachen,
Nachahmen und Memorieren (vgl. Aschersleben 1999: 13). Dennoch entwickelten
sich dort die noch heute bestehenden Formen des Frontalunterrichts. Der
Lehrervortrag entwickelte sich aus der Rhetorik; der katechetische
Frageunterricht wurde 1780 von dem Aufklärungs-pädagogen Friedrich Eberhard
von Rochow entwickelt. Dem katechetischen Frageunterricht folgte der
fragend-entwickelnde Unterricht der Herbartianer. Aschersleben zufolge sind
den Herbartianern besonders zwei Verdienste anzurechnen: „Es sind die
Formalstufen mit der Artikulation des Unterrichts und der >>Gang des
Unterrichts<<“ (1990: 51). In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts löst die
Reformpädagogik den Unterricht der Herbartianer ab.
Der klassische Frontalunterricht
Heutzutage gilt der Unterricht der Herbartianer als der klassische
Frontalunterricht. Der Unterricht der Herbartianer war streng gegliedert,
,,Eine Unterrichtslektion bestand aus den Formalstufen und aus dem
Lehrervortrag mit vorangehendem und anschließendem Frageunterricht, meist
katechetisch, vom Anspruch her fragend-entwickelnd. Der (freie)
Lehrervortrag war darbietender Unterricht, Lehrervortrag mit Zwischenfragen
an die Klasse war darstellender Unterricht.“ (Aschersleben 1990: 50). Die
Lehrperson war sehr dominant, und die Methoden des Unterrichts beschränkten
sich auf Lehrervortrag – Lehrermonolog – und Frageunterricht. Die
Reformpädagogen kritisierten am Frontalunterricht besonders die fehlende
Eigenständigkeit der Schüler, die fehlende Differenzierung im Lernprozess
und die vernachlässigten sozialerzieherischen Ziele. (vgl. Aschersleben
1990: 61)
Der modernisierte Frontalunterricht
,,Frontalunterricht ist die häufigste aller vier Sozialformen; mit ihm
werden hierzulande drei Viertel oder mehr des gesamten Unterrichts
bestritten.“ berichtet Hilbert Mayer (1997: 187). Warum wird der
Frontalunterricht immer noch so häufig eingesetzt? Mayer zufolge kann
Frontalunterricht hauptsächlich zum Darstellen eines Wissensgebiets, zur
Sicherung von Arbeitsergebnissen und Überprüfung von Leistungsständen
eingesetzt werden (vgl. Mayer 1997: 183).Elizabeth Fuhrmann nennt noch andere Gründe, warum der Frontalunterricht
anderen Sozialformen oft vorgezogen wird. Die Schwächen anderer
Sozialformen seien die Stärken des Frontalunterrichts. Um Gruppenunterricht
effektiv durchzuführen fehle es den Lehrpersonen an sozialen und
methodischen Kompetenzen, der
hohe Arbeitsaufwand, die schwierige
Organisation sowie schlechte Möglichkeiten zur Überprüfung von
individuellen Schülerleistungen machen Gruppenunterricht unbeliebt. (vgl.
Fuhrmann 1998: 10).Fuhrmann und Mayer sprechen sich beide für einen modernisierten
Frontalunterricht aus. Johannes Bastian formuliert, was den gewandelten
Frontalunterricht ausmacht. Der moderne Frontalunterricht ,,hat vielmehr
die Funktion einer systematischen Vermittlung von Sach-Sinn-und
Problemzusammenhängen … So verstanden steht eine phasenweise
lehrerdominante Steuerung des Unterrichts nicht mehr im Widerspruch zu
gewandelten Ansprüchen an eine nicht autoritäre Gestaltung des Lehr-Lern-
Prozesses und der Lehrer-Schüler-Beziehung.“ (Bastian 1990: 9). Der
Frontalunterricht hat sich also in seiner Funktion gewandelt und sein
Einsatz im Wechsel mit anderen Sozialformen hat im Unterricht eine
Berechtigung. Wenn allerdings der Frontalunterricht nicht den gewandelten
Ansprüchen entspricht, kann es zu Störungen im Unterricht kommen (vgl.
Bastian 1990: 9).
In allen vier begleiteten Klassen war der Frontalunterricht die
dominierende Unterrichtsmethodik. Er wurde nicht nur in der Anfangsphase
der Unterrichtseinheit eingesetzt, um vielschichtige
Erkenntniszusammenhänge darzustellen oder zur Leistungsbewertung, sondern
durchgängig. In allen Klassen gab es Störungen des Unterrichts durch die
Schüler. In der neunten Klasse machten die massiven Störungen den Verlauf
des Unterrichts zeitweise unmöglich. Eventuell hätten einige der Störungen
durch einen Wechsel der Sozialform abgemildert werden können.
Methoden im Frontalunterricht
Die Lehrkraft lenkt und strukturiert das Unterrichtsgeschehen durch den
Einsatz verschiedener Methoden wie Darbietung, Erarbeitung und Anleitung
(vgl. Fuhrmann 1998: 10).Methoden der Darbietung beinhalten ,,Vortragen, Vormachen, Vorführen,
Vorzeigen, Vorlesen“ (Fuhrmann 1998: 10). Dazu wird didaktisch
aufbereitetes Material verwendet, sowie ggf. unterschiedliche
Unterrichtsmittel wie Wandbilder, Folien, Landkarten, Filme, Dias, etc.Die Erarbeitung erfolgt durch den sog. Frageunterricht, der aus
Lehrerfragen oder Schülerfragen bestehen kann. Die Grundform des
Frageunterrichts besteht aus einem Wechsel von Lehrerfragen und
Schülerantworten. Er ist besonders bei reinem Abfragen von bestehendem
Wissen sinnvoll, z.B. bei Wiederholungen. Darüber hinaus kann
Frageunterricht auch das sog. entwickelnde Unterrichtsgespräch beinhalten.
Diese Methode kann eingesetzt werden, wenn der Schüler mit Hilfe der
Lehrperson bestimmte Zusammenhänge erkennen oder Schlussfolgerungen ziehen
soll. Hierbei kann die Lehrperson Impulse geben und dann mehrere Schüler
nacheinander zu Wort kommen lassen. Es kann sich bei der Erarbeitung auch
um eine Diskussion handeln, bei der die Lehrperson nur noch als Leiter/in
fungiert.Die Anleitung zu selbständiger Schülerarbeit kann durch Einzelarbeit
erfolgen. Die Lehrperson verteilt Arbeitsaufträge und kann bei einem
Rundgang durch die Klasse einzelnen Schülern individuell helfen und/oder
die Arbeiten korrigieren.
Der reine Frageunterricht wurde in der sechsten Klasse ausschließlich, in
der siebten Klasse besonders oft eingesetzt. Die Methode wurde auch dann
gewählt, wenn Zusammenhänge im Text erkannt werden sollten, obwohl sich
dazu ein entwickelndes Unterrichtsgespräch u. U. besser geeignet hätte. In
den Kursen der dreizehnten Stufe wurde der Unterricht vom entwickelnden
Unterrichtsgespräch bestimmt, wobei zur Einführung eines Themas auch der
reine Frageunterricht angewandt wurde.In der sechsten Klasse kamen die meisten Unterrichtsmittel zum Einsatz. Es
handelte sich um Arbeitsblätter, Tafelbilder, Schulbuch, Arbeitsbuch, CDs,
Merkspiele und Folien. In der siebten Klasse wurden im Fachunterricht nur
zwei Unterrichtmittel eingesetzt, die Schullektüre und das Tafelbild.In den Kursen der dreizehnten Stufe wurden hauptsächlich Arbeitsblätter
verwendet. Im Kunstkurs wurden mehr Unterrichtsmittel eingesetzt als im
Englischkurs. Es wurde ein Videofilm über einen Künstler gezeigt und Folien
wurden verwendet.Struktur des Frontalunterrichts
Der Frontalunterricht ist häufig in Stundeneröffnung, Unterrichtseinstieg,
Darbietung neuen Stoffs, Arbeit an neuem Stoff, Ergebnissicherung, und
Stellen der neuen Hausaufgaben gegliedert (vgl. Mayer 1997: 182). In den
beobachteten Klassen folgte der Unterrichtsablauf hauptsächlich dem o.g.
Schema.
Stundeneröffnung: Die Stundeneröffnung erfolgte in allen Klassen durch eine
Orientierungsphase, in der Organisatorisches besprochen wurde, und durch
anschließende Begrüßung der Schüler.In der sechsten und siebten Klasse betrat die Lehrperson den Raum und
setzte sich sofort an das Pult. Dann konnten Schüler ihre Hefte zeigen oder
Fragen stellen. Außerdem wurden organisatorische Dinge besprochen. Nach ein
paar Minuten stand die Lehrperson auf, stellte sich vor die Klasse und
begrüßte die Schüler. In der neunten Klasse setzte sich die Lehrperson nach
dem Betreten der Klasse ebenfalls ans Pult, und blieb während der
restlichen Unterrichtsstunde dort sitzen. Die `Orientierungs-phase′ fiel
erheblich kürzer aus als in der sechsten und siebten Klasse, da die
Lehrkraft zügig mit der Unterrichtsstunde begann.In den Kursen der Stufe Dreizehn betrat die Lehrperson den Raum, grüßte